Organisationsentwicklung – Weichenstellung für eine neue Ära

Es kommt vor, dass Unternehmen auf Schlingerkurs geraten - und das, weil sie wachsen. Weil sie sich plötzlich für die „Großen“ als interessante Portfolioergänzung anbieten, werden aus eigentümergeführten Unternehmen plötzlich Konzerntöchter.

Die Gründer und Identifikationsfiguren der Firma ziehen sich nach und nach zurück, das Management wird zunehmend durch ein neu zusammengestelltes Team geführt. Arbeits- und Verantwortungsstrukturen werden durcheinandergewirbelt, das Miteinander bekommt plötzlich eine andere Atmosphäre. In solchen Szenarien können organisationale Turbulenzen entstehen, die manchen langjährigen Mitarbeiter und seine Haltung zur Firma ordentlich „durchrütteln“. Dann droht die Gefahr, in diesen Umbruchphasen wertvolles Know-How zu verlieren und den vormals so erfolgreichen Kurs nicht halten zu können. Vor allem aber, den erwarteten Wertzuwachs für die Organisation letztlich nicht zu realisieren, sondern das Geschäft mit internen Wachstumsschmerzen zu lähmen. In derartigen Veränderungs- und Transformationsphasen ist eine Beratungsbegleitung, die der Organisation hilft, sich ganzheitlich als neues System zu entwickeln, die Lösung.

Mit unserem Kunden aus dem Maschinenbau konnten wir einen solchen Prozess gestalten.
Als „Garagenfirma“ gegründet, wurde das Unternehmen nach über 20 Jahren erfolgreichen Wachstums von einem amerikanischen Konzern übernommen. Kurze Zeit später verließ der Firmengründer die Unternehmensleitung, das Management lag nun in den Händen einer jungen Mannschaft, die maximal 2 Jahre dem Unternehmen angehörten. Der neue Geschäftsführer erspürte als von außen hinzugekommenes Managementmitglied schnell die Friktionen zwischen „alter“ und „neuer“ Firmenkultur. Vor diesem Hintergrund wandte er sich an Movendo Consulting mit der Zielstellung, die Neuausrichtung der Organisation auf den veränderten Kontext hin zu unterstützen und zu begleiten. Das Primärziel war zunächst, in dem verantwortlichen Management-Team die strategische Grundausrichtung des Unternehmens für die nächsten 3-5 Jahre zu erarbeiten.

Im neuen Unternehmenskontext entsteht nicht von allein ein neues Selbstverständnis.
Mit einem zweitägigen Teamworkshop wurde im engsten Management-Kreis an der gemeinsamen Idee der Organisationszukunft gearbeitet. Durch intensive Vorbereitung konnte das Führungsteam breitgefächerte Informationen in seine Überlegungen einbeziehen:

  • die Erwartungen der amerikanischen Muttergesellschaft an das deutsche Management
  • ein detailliert gezeichnetes Fremdbild des Führungsteams, das auf Basis einer eigens durchgeführten Telefonbefragung unter 10% der Mitarbeiter verschiedenster Level und Abteilungen gespiegelt wurde
  • die strukturierte Selbsteinschätzung aller Mitglieder des engsten Führungskreises zur Zusammenarbeit in ihrem Management-Team 
  • eine schriftliche Beurteilung der Herausforderungen an die Organisation aus Sicht der Mitglieder des Management-Teams
  • die Analyse individueller Besonderheiten des Führungsteams – möglich durch einen Persönlichkeitstest, der im Vorfeld des Workshops von allen Teilnehmern durchgeführt wurde

Auf Basis dieser umfänglichen Selbst- und Fremdeinschätzung gelang es mit dem Workshop, die Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Organisationsbereiche einzuschätzen - dabei die Individualität der einzelnen Teammitglieder zu verstehen und sie als wertvollen Aspekt in der Zusammenarbeit zu schätzen. Kern des Workshops bildete die Entwicklung eines Strategiehauses, in dem die Ziele und Ausrichtung der Organisation nach innen und nach außen festgelegt wurden.  Darüber hinaus wurde es möglich, konkret an Regeln für die Zusammenarbeit und an den Grundpfeilern eines gemeinsamen Selbstverständnisses zu arbeiten. Das Ergebnis waren erste Fixpunkte für ein neues Miteinander im organisationalen Handeln, die im nächsten Arbeitsprozess Anschluss an das tägliche Handeln finden müssen. Mit diesem initialen Workshop der Führungsmannschaft wurde die notwendige und weitreichende interne Diskussion zu Zielen, Werten und Selbstverständnis der Organisation vorbereitet.

Eine Firmenkultur definiert sich maßgeblich durch Aktionen und Handeln.
Die zweite Phase der Organisationsentwicklung – die (Weiter-)bzw. Neuentwicklung der Firmenkultur – wurde als Bottom-up-Prozess angelegt, beteiligte also die Belegschaft aktiv an der Ausformung eines nachvollziehbaren Unternehmensselbstverständnisses. Die aktive Beteiligung der Organisation ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, weil Firmenkultur kaum losgelöst verordnet werden kann, sondern nur in einem Prozess aus lebendigem Handeln und Kommunizieren der Mitglieder definiert und erlebbar wird. In mehr als 20 Workshops zu insgesamt sieben Workshopthemen, die auf das interne und externe Selbstverständnis zielten, setzten sich maximal 15 Teilnehmer aus durchmischter Hierarchie und Bereichen damit auseinander, auf welche Weise sich diese Themen in der Organisationskultur verankern lassen. In der Zusammenführung der Workshopergebnisse entstand so ein multiperspektivisches Wunschbild der neuen Organisationskultur. In weiterführenden Prozessschritten durch einen Arbeitskreis wurden diese Ergebnisse, bis zu einer Abstimmungsphase im Managementteam, zu einem Kompendium valider Unternehmenswerte mit angeleiteten Verhaltensweisen und Vereinbarungen finalisiert.

Erfolgskritisch ist die Unterstützung der Führungskräfte an der Schnittstelle von Werteentwicklung und Führungsqualität.
Entscheidend für einen Beitrag des neuen Selbstverständnisses an der Wertschöpfung des Unternehmens ist die kulturbildende Umsetzung der Prozessergebnisse im täglichen Führungsverhalten und der Zusammenarbeit. Dafür bedarf es eines bewussten und nachhaltigen Vorgehens. An der Schnittstelle zwischen Werteentwicklung und Führungsqualität im Unternehmen wurde daher ein weiterer Prozessbaustein zur Unterstützung der Organisationsentwicklung installiert: Ein dreimoduliges Führungskräfteprogramm, das anhand der Themen Kommunikation, Teamperformance und Changemanagement  den Umgang mit den Unternehmenswerten konkret erlebbar macht. Flankiert von Telefoncoachings und einem abschließenden Review-Workshop sichert dieses Programm den Ergebnistransfer der Werteentwicklung in den Führungsalltag. Dieses Entwicklungsprogramm wird zunächst vom Top-Management durchlaufen und anschließend auf die nächsten Ebenen heruntergebrochen.

Die Trainer von Movendo übernehmen in diesem auf systemischen Methoden und Herangehensweisen aufgebauten Programm die Rolle der Prozessexperten, die aktiv die Lern-, Reflexions- und Gruppenprozesse gestalten. Die Teilnehmenden fungieren als Experten für ihren Kontext und stellen selbst den Bezug zu ihrer Praxis aktiv her.  Gegenstand des Trainings sind damit überwiegend Fragestellungen und echte Fälle der Teilnehmenden, die mit geeigneten Methoden während des Trainings behandelt werden. Eingesetzt werden zudem erfahrungs-orientierte Übungen, die konkrete Herausforderungen der Teilnehmer durchleben lassen und entlang der Erkenntnisse Lösungen für den Führungsalltag bieten. Einzel- und Gruppenarbeit unterstützt abschließend im Training den ersten Umsetzungsschritt, stellt Verbindlichkeit her und bietet die Grundlage zur gegenseitigen Unterstützung der Teilnehmer im Alltag.

Damit der Austausch unter den Teilnehmern – zum Beispiel in Peer-Coachinggruppen - im Alltagstransfer nicht abreißt, wurde zusätzlich in das Trainingsprogramm die von Movendo entwickelte, internetbasierte Lernplattform myMovendo integriert. Mit diesem für mobile Endgeräte optimierten Tool werden alle inhaltlichen Trainingselemente (Vorbereitungsfragen, Fotoprotokoll, Handouts, Reflexionen, etc.) mit den erarbeiteten Ergebnissen (u. a. Zielvereinbarungen, individuelle Umsetzungsschritte) zusammengeführt und die Unterstützung der Teilnehmer zeit- und ortsunabhängig ermöglicht.  

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